Der Hessische Jugendring feiert 2023 sein 75-jähriges Jubiläum. Der Landesjugendring nimmt dies zum Anlass für einen Streifzug durch die eigene Geschichte und die der Jugendverbände, Jugendhilfe und Jugendpolitik in Hessen:
Was waren die Anfänge des Hessischen Jugendrings? Welche Themen bewegten die Jugendverbände und den Hessischen Jugendring? Wie positionierte sich der Hessische Jugendring zu gesellschaftspolitischen Themen in den verschiedenen Jahrzehnten? Was waren die größten jugendpolitischen Errungenschaften? Wie veränderte sich der Hessische Jugendring selbst in diesen Jahren?
Diese Website versteht sich als Einladung zur Zeitreise. Viel Spaß beim Stöbern!
1940er jahre
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges herrscht auch in Hessen die sogenannte Stunde Null. Städte und Dörfer liegen zum Teil in Trümmern, viele Wohnungen sind komplett zerstört. Familienmitglieder sind im Krieg gestorben, wurden in Konzentrationslagern ermordet oder werden noch immer vermisst.
Die deutsche Wirtschaft liegt am Boden. Viele Menschen hungern. Unterstützt durch die US-Armee beginnt der Wiederaufbau des Landes.
Aufbauhilfe
Die Jugendverbandsarbeit der Nachkriegszeit ist geprägt von Neugründungen der Verbände und von der Aufbauhilfe der US-Armee.
German Youth Activities Program
US-Armee unterhält das German Youth Activities (GYA) Programm als großangelegtes Betreuungsangebot für deutsche Jugendliche in der US-Besatzungszone. Mit Unterstützung der US-amerikanischen Truppen entstehen zahlreiche Jugendfreizeitheime, die offene Jugendarbeit anbieten (Dezember 1950: 246 Jugendheime)
1946 | Kurhessischer Jugendring
1946 wird der Kurhessische Jugendring als der erste Zusammenschluss von Jugendverbänden in Hessen-Kassel gegründet.
1946 | landesjugendausschuss
Der Landesjugendausschuss (1946 gegründet) ist neben dem Kurhessischen Jugendring die zweite Wurzel des HJR. Er existiert bis 1954 und wird vom Kultusministerium gefördert. Seine Satzung umfasst Aufgaben, wie sie typischerweise einem LJHA oder einem LJR zugesprochen werden. Von Anfang an unterstützt der LJA die Gründung von Jugendringen.
1947 | Initiative
1947 bei einem Treffen des Kurhessischen Jugendrings auf dem Hohen Meißner entsteht die Initiative zur Gründung des HJR.
16. März 1948: Gründung des HJR
Gründungsmitglieder sind BDKJ, BDP, Evangelische Jugend, FDJ, DGB-Gewerkschaftsjugend, Hessische Sportjugend, Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken, Naturfreundejugend
16. August 1948
Am 16. August 1948 wird die erste Satzung des Hessischen Jugendrings verabschiedet und ein Vorstand gewählt.
1949 | Jugendsammeltag
1949 findet der erste Jugendsammeltag statt, aus dem später die Jugendsammelwoche hervorgeht.
Hessischer Jugendtag
Jährlich will der HJR fortan einen „Hessischen Jugendtag“ veranstalten, um auch Schüler_innen und Studierende sowie Kulturgruppen anzusprechen.
Das „Zeltlagerhandbuch“ von 1949. Die herausgebende Arbeitsgemeinschaft Zeltlager im Lande Hessen betont in ihrem Vorwort, mit dem Buch „Anregungen und Vorschläge für ein ‚gutes Zeltlager’“ geben zu wollen. (hjr-Archiv)
1950er jahre
Der Wiederaufbau ist im vollen Gange, die Wirtschaft expandiert. Noch immer herrscht Wohnungsnot, und die meisten Menschen leben in verhältmäßig einfachen Verhältnissen. Doch die Wirtschaftsexpansion und die anhalte Zunahme an Arbeitsplätzen lassen auch den Wohlstand wachsen. Man spricht vom „Wirtschaftswunder“.
Die 1950er Jahre sind geprägt vom Rundfunk und den Anfängen des Fernsehens. Immer öfter schallen aus den Radios der jungen Bundesrepublik die Hits der ersten großen Stars des Rock ’n Roll. In den Städten sprießen dutzende Kinos aus dem Boden. Die Gesellschaft schaut besorgt auf die Jugend, die nur Musik höre, rauche und tanze.
Jugendarbeitslosigkeit
1950 befindet sich die Jugendarbeitslosigkeit in Hessen wie in ganz Deutschland auf Rekordniveau.
Themen des HJR
Die zentralen Themen der Verbände und des HJR in den 1950er Jahren sind die Frage sicherer Arbeits- und Ausbildungsplätze, ein friedliches Miteinander in Europa, der Kampf gegen Antisemitismus und nationalistische Bewegungen, Stalinismus und Totalitarismus sowie die Diskussion darüber, was gute Jugendpflege sei.
1951 | Sonderurlaubsgesetz
1951 wird auf Drängen des HJR ein erstes Sonderurlaubsgesetz für Jugendleiter erlassen.
Aufarbeitung NS-Vergangenheit
Vor dem Hintergrund des Erstarkens neonazistischer Gruppen beschäftigt sich der HJR intensiv mit der Aufarbeitung der NS-Zeit.
1954 | Landesjugendamt
1954 wird das Landesjugendamt eingerichtet. Gleichzeitig kommt es zur Auflösung des Landesjugendausschusses – dessen Aufgaben wurden nun auf Landesjugendamt und Hessischen Jugendring aufgeteilt.
Vorwurf der Restauration
Die Jugendverbände sehen sich dem Vorwurf der Restauration gegenüber: Sie würden nichts Anderes tun als vor der NS-Zeit und hätten den Anschluss an die Jugend verpasst. Ende der 50er Jahre sprechen viele angesichts rückläufiger Mitgliederzahlen von einer „Krise der Jugendarbeit“.
1956 | Hessische jugend
1956 erscheint die erste „hessische jugend“ unter dem noch immer aktuellen Namen. Das Magazin geht aus dem Mitteilungsblatt des Landesjugendausschusses (seit 1948) hervor und wird nun zur Zeitschrift des HJR.
1957 | Helmut Schelsky
1957 erscheint Helmut Schelkys soziologische Studie „Die skeptische Generation“. Deren zentrale These lautet, die Jugend sei unpolitisch.
Blick auf Mädchen & Frauen
Nach dem Krieg wurden Frauen und Mädchen schnell wieder in traditionelle Rollen zurückgedrängt. Auch im HJR und seinen Verbänden spielen Frauen kaum eine gestaltende Rolle. In der Gründungsphase des HJR sucht man vergeblich nach Frauennamen. Junge Frauen waren ausschließlich in der pädagogischen Arbeit mit vor allem jüngeren Kindern vertreten, nicht in Gremien.
Mädchenarbeit im Fokus
Im Februar 1956 erscheint eine „hessische jugend“ mit dem Schwerpunkt „Mädchenarbeit“, die durch ein stark paternalistisches Verständnis geprägt ist und aus heutiger Perspektive frauenfeindliche Thesen proklamiert. Geschlechterstereotype werden nicht hinterfragt, auch wenn das theoretische Ziel der Gleichberechtigung proklamiert wird. Auch in den drei Folgejahren erscheinen Schwerpunkthefte zur Mädchenarbeit. Im Duktus verbleiben sie in dieser Denke.
Jugendzeitschriften
Erstmals erscheinen in Deutschland Jugendzeitschriften: 1956 die „bravo“, 1959 die „twen“.
1958 | Gegen den Strom
1958 erscheint „Gegen den Strom – Ein Bericht über die Jugendopposition im Dritten Reich“´, hrsg. vom Hessischen Jugendring und der Hessischen Landeszentrale für Heimatdienst
1959 | Widerstand gegen BDJ
Der HJR wird politisch aktiv gegen die Gründung des Bundes Deutscher Jugend (1959) und die Remilitarisierung. Innerhalb des HJR sind die Verbände teils gespalten hinsichtlich der Frage der Wiederbewaffnung und Aufrüstung.
1960er Jahre
Die 1960er gelten als Jahrzehnt der Veränderung und des Aufbruchs. Der Kalte Krieg prägt die internationale Politik. Prägende Ereignisse waren u.a. der Bau der Berliner Mauer, die Mondlandung, das Attentat auf John F. Kennedy, die Kubakrise und der Vietnamkrieg sowie die Proteste dagegen. Zur populären Rockmusik gesellen sich erste Töne der angehenden Hippie-Bewegung.
In Deutschland kämpft die 68er-Bewegung für gesellschaftliche Reformen und einen besseren Zugang zu Bildung. Die Frauenbewegung fordert Emanzipation und Gleichberechtigung. Die Ermordung des Studenten Benno Ohnesorg auf einer Demonstration im Juni 1967 führt zu monatelangen Unruhen.
Jugendliche Lebenswelten
Jugendliche Lebenswelten verändern sich. Je nach Milieu erfreuen sich JazzClubs und Rockergruppen zunehmender Beliebtheit. Jugendverbände drohen den Kontakt zur Zielgruppe zu verlieren.
1961 | Jugenddelegiertentag
1961 findet der Jugenddelegiertentag des Hessischen Jugendrings unter dem Motto „Jugendarbeit in der Industriewelt“ statt.
Wofür Bildungsarbeit?
Angesicht vermeintlicher Orientierungslosigkeit der Jugendlichen wird die Bildungsarbeit neben der klassischen Gruppenstunde zum neuen Standbein der Jugendverbände. Die frühen 60er Jahre sind geprägt von einem intensiven Diskurs über Ziele und Methoden politischer Bildung. Parallel dazu wird die Professionalisierung der Jugendverbandsarbeit angesichts der wichtiger werdenden Bildungsarbeit diskutiert.
Jugendpolitik des HJR
Der jugendpolitische Diskurs im HJR ist geprägt von Bemühungen um eine bessere Arbeits- und Ausbildungssituation junger Menschen. Unter der sozialdemokratischen Regierung unter Georg August Zinn (1951–1969) kann der HJR durch gute Lobbyarbeit viel für Jugendverbände erreichen.
1967 | Forderung nach Bildungsreferenten
Im Dezember 1967 fordert HJR zehn hauptamtliche Bildungsreferenten für seine Mitgliedsverbände.
Internationale Jugendarbeit
Mitte der 60er Jahre erfolgt ein rascher Ausbau der internationalen Jugendarbeit. Der HJR nimmt Kontakt zu Jugendeinrichtungen im Ausland auf, auch in Staaten des damaligen Ostblocks.
1965 | Bildungsnotstand
1965 wird vom „Verband Deutschen Studentenschaften die „Aktion Bildungsnotstand“ ausgerufen. Es kommt zu Großdemonstrationen in Frankfurt und anderen hessischen Städten.
1968 | der erste HJR-referent
1968 stellt der HJR seinen ersten hauptamtlichen Bildungsreferenten Axel Hübner ein.
68er Bewegung
Die 68er-Bewegung protestiert gegen starre Strukturen, den Vietnamkrieg, die rigide Sexualmoral sowie die Nichtaufarbeitung des Nationalsozialismus („Unter den Talaren, der Muff von tausend Jahren“) und fordert gesellschaftliche Neuerungen ein.
hjr im wandel
Auch im hjr werden progressive Stimmen lauter: Aus Gruppenführer wird Gruppenleiter oder Teamer. Staatliche Strukturen hingegen fürchten teilweise um den HJR und sehen eine vermeintliche Gefahr der Radikalisierung.
1967 | Feminismus im hjr
1967 erscheint die hessische jugend zum Schwerpunkt „Nur eine Frau?“. Sprache und Ansatz haben sich seit Ende der 50er Jahre gewandelt. Stereotype Rollen werden stärker hinterfragt.
1968 | Rebellion in der Schule?
1968 | Forum der Hessischen Jugend
9. bis 11. Februar 1968 findet das „Forum der hessischen jugend“ zum Thema „Politische Bildung in Schule und Jugendarbeit auf dem Jugendhof Dörnberg statt. Die richtungsweisende Tagung markiert einen Neubeginn in der politischen Bildung und schafft ein neues Bewusstsein.
Demonstration von Schüler_innen 1968, Bildquelle: Archiv Burg Ludwigstein
1968 | hessische jugend berichtet
Die hessische jugend vom Januar 1968 berichtet sowohl vom Jugendforum der hessischen jugend auf dem Jugendhof Dörnberg als auch vor der Israelreise einer HJR-Delegation.
ebenfalls im wandel: Blick auf Frauen
Die voranschreitende Emanzipation der Frauen spiegelt sich auch in den Diskursen in den Verbänden und im hjr wider. In der Praxis hinken Verbände wie auch die Studentenbewegung dem eigenen Anspruch hinterher. Noch immer sind Jugendverbände in ihren Gremien fast ausschließlich männlich geprägt, Frauen werden verlächelt und nicht ernstgenommen.
1969 | Hessische Jugend zum Thema SEX
Eine „hessische jugend“ zum Thema „Sexualität“ greift das Thema Emanzipation auch in diesem Zusammenhang auf und entdeckt das „Politische im Privaten“.
1969 | Kritik am Berufsausbildungsgesetz
1969 übt der Hessische Jugendring heftige Kritik am Berufsausbildungsgesetz.
1970er Jahre
Ölkrise und Vietnamkrieg, Flower Power, Umweltbewegung und feministische Emanzipation, Hausbesetzungen und Bildungsreformen – all diese Themen prägen den Zeitgeist der 1970er-Jahre. Der Kniefall von Bundeskanzler Willy Brandt vor dem Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Warschau wird zum Symbolbild für einen neuen Umgang mit der deutschen Geschichte.
Der RAF-Terrorismus treibt die Republik in den Ausnahmezustand. Hippies und Punks hinterfragen gesellschaftliche Konventionen und grenzten sich nicht nur durch provokante Kleidung und Haarmode von der Generation ihrer Eltern ab. Gegen Ende der 1970er Jahre erobert das Disco-Fieber die junge Generation.
1970 | Programm des HJR
1970 beschließt der HJR sein erstes sozial- und bildungspolitisches Programm
1970 | Grundsätze zum Bildungsurlaub
Ebenfalls 1970 beschließt der HJR die „Grundsätze zum Bildungsurlaub“ und gibt damit den jugendpolitischen Startschuss für die Diskussion um ein Bildungsurlaubsgesetz in Hessen. Zentral war für den HJR der emanzipatorische Ansatz der politischen Bildung, um die Demokratie zu stärken.
1970 | HR-Dokumentation über Reise des HJR nach Rumänien
1970 erscheint die Sendung „Die Pioniere von Kutina“ des Hessischen Rundfunks über eine Delegationsreise des HJR nach Rumänien.
Professionalisierung der Jugendarbeit
Das Jahrzehnt ist geprägt von einem äußerst kontroversen Fachdiskurs darüber, was gute außerschulische Bildung sei, und von einer fortschreitenden Professionalisierung der Jugendarbeit. Die Anzahl der Referent_innenstellen in den Jugendverbänden steigt von 1968 bis 1980 von Null auf 29, bei damals 17 Mitgliedsverbänden
hessische jugend 2/1972 (hjr-Archiv)
Jugendzentrums-bewegung
Zwischen 1971 und 1974 liegt die Hochphase der Jugendzentrumsbewegung, die dem Streben junger Menschen nach selbstverwalteten Räumen Ausdruck verleiht.
selbstverwaltete Jugendzentren
Viele Jugendliche gehen mit gestärktem Selbstbewusstsein aus den späten 60er Jahren hervor. Die Jugend steht plötzlich im Zentrum der Aufmerksamkeit, das Wahlalter wird auf 18 Jahre gesenkt (1970 in Hessen, auf Bundesebene 1975). Es entwickelte sich eine Jugendkultur, die nach Selbstverwaltung und Selbstorganisation strebt. Da in Schule, Familie und Betrieben dafür kein Platz ist, bietet sich die Nische Freizeit an. Es entstehen selbstverwaltete Jugendzentren, die besonders im ländlichen Raum unter den jungen Menschen sehr gefragt und beliebt sind.
HJR als Unterstützer
Ab 1973 richten sich die Jugendzentren verstärkt an jugendverbandliche Strukturen mit der Bitte um Unterstützung. Der HJR entwickelt ab 1973 in Zusammenarbeit mit dem Jugendhof Dörnberg Seminare für die aktiven Haupt- und Ehrenamtlichen in den Jugendzentren (Erfahrungsaustausch, politische Bildungsarbeit, Medienpädagogik).
Förderrichtlinie für Jugendzentren
In den folgenden Jahren übernehmen der Jugendbildunsgreferent_innen des hjr die Weiterbildung der Haupt- und Ehrenamtlichen in den Jugendzentren und -initiativen. Auf Initiative des hjr wird Mitte der 1970er Jahre eine Förderrichtlinie für Jugendzentren durchgesetzt. 1976 findet – unter massiver Unterstützung des hjr und des BDP – das erste Jugendzentrumspressefest statt. Die Seminare für Jugendzentren werden bis ins Jahr 1978 fortgeführt. Zu diesem Zeitpunkt steckt die Jugendzentrumsbewegung bereits in einer Krise.
Krise der Jugendzentrums-bewegung
Ende der 70er Jahre gerät die JUZ-Bewegung in eine tiefe Krise der, auch da die zweite Generation der jugendlichen Zielgruppe der JUZ nicht mehr dieselben kämpferischen Ansprüche hegt, weniger aktivistisch ist und das Jugendzentrum aus Konsument_innen-Perspektive sieht.
Jugendzentren unter Druck
Gleichzeitig geraten die Jugendzentren politisch unter Druck: Im Raum stehen Vorwürfe des Drogenmissbrauchs in den Räumen und angebliche Verstrickungen in „linksradikale“ Kreise. Jugendzentren werden immer „handzahmer“ – auch durch die notwendige Abstimmung mit den Jugendämtern. Eine weitere Betreuung durch den hjr war spätestens 1979 obsolet.
Kooperation mit Jugendbildungsstätten
Der HJR pflegt zudem enge Kontakte zu den Jugendbildungsstätten in Hessen, insbesondere Dörnberg und Dietzenbach.
In der hessischen jugend 5/1970 findet sich ein Beitrag über den Jugendhof Dörnberg.
1972 | Gesetzentwurf des HJR für ein Jugendbildungsgesetz
Im Mai 1972 reicht der HJR im Hessischen Landtag einen Gesetzentwurf für ein Jugendbildungsgesetz ein, verbunden mit der Forderung nach einem emanzipatorischen Ansatz der Bildungsarbeit.
1972 | erste Referentin
1972 wird die erste weibliche Bildungsreferentin im Bildungsreferentenprogramm Hessens eingestellt.
1973 | Kürzungen und politischer Druck auf Verbände
1973 gibt es drastische Kürzungen in der Förderung der Jugendarbeit. Auch politisch wächst der Druck auf linke Jugendorganisationen, teils werden Geldsperrungen gegen Mitgliedsverbände (BDP und Naturfreundejugend) politisch begründet.
1972 | „Radikalenerlass“
Der sogenannte „Radikalenerlaß“ von 1972 mit Berufsverbot betrifft auch einige Jugendverbände.
1973 | Delegationsreise nach Israel
7. bis 21. Oktober 1973 reist erneut eine HJR-Delegation nach Israel und besucht den Israelischen Jugendrat.
Plakat zur Jugendammelwoche 1974, Grafik: Arno Ploog, Quelle: hjr-Archiv
1974 | Gesetz zum Bildungsurlaub
Das 1974 unter sozial-liberaler Regierung verabschiedete Hessische Bildungsurlaubsgesetz erlaubt 5 Tage Bildungsurlaub pro Jahr für politische Bildung oder auch berufliche Weiterbildung.
1975 | Jugendbildungs-förderungsgesetz JBFG
1975 wird das erste Jugendbildungsförderungsgesetz in Hessen verabschiedet
Die „hessische jugend“ Heft 1/1976 setzt sich überaus kritisch mit dem sogenannten „Radikalenerlass“ auseinander. Quelle: hjr-Archiv.
Internationale Jugendarbeit
In den 70er Jahren intensiviert der hjr seine internationalen Kontakte weiter, ein besonderer Fokus liegt dabei auf Jugendorganisationen in Staaten der sogenannten Dritten Welt, z.B. Nicaragua
1975 Studienreise nach Portugal
1975 organisiert der HJR eine Studienreise nach Portugal kurz nach der dortigen demokratischen Nelken-Revolution
Wirtschaftskrise und Jugendarbeitslosigkeit
Durch die erste schwere Wirtschaftskrise in 1974 nimmt die Zahl der Arbeitslosen, besonders unter jungen Menschen, rasant zu. Ab Mitte der 70er Jahre stehen Jugendarbeit und Jugendpolitik unter dem Einfluss von fehlenden Arbeitsplätzen, Jugendarbeitslosigkeit und Mittelkürzungen in der Jugendarbeit.
1976 Marianne Bolbach wird erste weibliche HJR-Vorsitzende
1976 bis 1978 hat der HJR seine erste weibliche Vorsitzende (Marianne Bolbach) nach 17 Männern auf diesem Posten.
1976 | hjr-Demonstration für Bildungsreformen und mehr Fördergelder
Im März 1976 findet die erste zentrale Demonstration des Hessischen Jugendrings statt – gegen Jugendarbeitslosigkeit und Mittelkürzungen, für Bildungsreformen und mehr Mitbestimmungsrechte an Schulen und Universitäten
HJR-Demonstration 1976 in Offenbach (hjr-Archiv)
Die hessische jugend 2/1976 nimmt die Jugendpolitik des Landes Hessen kritisch unter die Lupe und berichtet von der Vollversammlung des HJR am 24. Januar 1976 und der Protestveranstaltung bzw. Demonstration am 13. März 1976 in Offenbach.
Karikaturen zur Jugendpolitik aus der hessischen jugend 2/1976 (Karikaturen: Herrmann Vols, hjr-Archiv)
mehr Frauen im Referent_innen-Programm
Ab Mitte der 1970er Jahre kommen allmählich auch Frauen als Jugendbildungsreferent_innen in die Verbände, 1978 sind es drei weibliche gegenüber 17 männlichen Kolleg_innen
neue soziale Bewegungen
Frauenbewegung, Anti-AKW-Bewegung, Ökologie-Bewegung, neue Friedensbewegung. Die Diskurse der Friedensbewegung und der Öko-Bewegung der späten 70er Jahre ergreifen auch den HJR und seine Verbände.
Friedensprädagogik und ökologische Jugendarbeit
Der Landesjugendring beschäftigt sich mit Friedenspädagogik und ökologischer Jugendarbeit. Der HJR und die Jugendverbände sind jedoch nie wirklich Teil der neuen sozialen Bewegungen.
Ökologie-Bewegung
Der hjr und seine Verbände stehen zunächst außerhalb der Bewegung. Selbst Verbände wie Landjugend, Naturfreundejugend und BDP sind keine treibenden Kräfte in den gesellschaftlichen Diskursen um Umweltverschmutzung und gefährliche Technologien.
Anti-Atomkraft-Bewegung
Die Auseinandersetzung mit Atomkraft stand im HJR zunächst unter dem Zeichen der Friedenspädagogik. Andere Fragen des Umweltschutzes wurden eng mit arbeitsrechtlichen Fragen in Bezug auf junge Arbeitnehmer_innen verknüpft (z.B. beim „Höchst-Projekt in Kooperation mit weiteren Akteuren von 1976 bis 1978)
1978 | Tagung zu „Jugendarbeit und Umweltschutz“
1978 fand die Arbeitstagung „Jugendarbeit und Umweltschutz“ statt, womit die Debatte überhaupt erst im HJR eröffnet wurde (Kooperation mit einer Bürgerinitiative gegen ein AKW in Borken). Der HJR-Vorstand hatte im Vorfeld ein Positionspapier zur Frage der Energiegewinnung durch Atomkraft erarbeitet.
Ausgaben der hessischen jugend Mitte der 1970er Jahre, die das Themenspektrum des HJR gut repräsentieren: Es geht um internationalen Frieden und die Lebensbedingungen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der modernen Industriewelt.
1978 | Vollversammlung mit ÖKO-Schwerpunkt
1979 steht die Vollversammlung des hjr unter dem Motto „Ökologie und Politik“. In den Folgejahren wurde die Auseinandersetzung mit ökologischen Fragen ein fester, aber eher kleiner Baustein der politischen Bildung der Jugendverbände.
Ökologie als Nischenthema
Im hjr selbst entsteht daraus kein dauerhafter Arbeitsschwerpunkt. Ökologie bleibt ein Nischenthema im HJR.
Tradierte Themen des HJR
Die tradierten Schwerpunktthemen bleiben bestehen: Antifaschismus, Jugend im Betrieb, Internationales und Medien.
Wehrdienst-Debatte
Immer mehr junge Männer verweigern den Wehrdienst, die Zahl der Zivildienstleistenden wächst. Auch in Jugendverbänden und Jugendbildungsstätten werden Zivildienststellen eingerichtet
1978 | Hessische Jugend zur Wehrdienstverweigeung
1978 gibt der hjr eine „hessische jugend“ mit dem Schwerpunktthema Wehrdienstverweigerung heraus.
Dokumentation des Hessischen Jugendrings zum Umgang der Unternehmen mit dem Bildungsurlaub aus dem Jahr 1979 (hjr-Archiv)
Diese hessische jugend aus dem Jahr 1975 wirbt für Bildungsurlaub und politische Bildung
1978 | Überarbeitung des sozial- und bildungspolitischen Programms
1978 erfolgt eine vollständige Überarbeitung des sozial- und bildungspolitischen Programms des HJR. Vieles war zuvor erfolgreich durchgesetzt worden.
1980er Jahre
Der Kalte Krieg prägt die Welt und Europa. Im Radio laufen New Wave und Neue Deutsche Welle. Punks und Popper markieren die Pole der verschiedenen Jugendkulturen. Die Friedensbewegung und die Ökologiebewegung sind weiterhin starke gesellschaftliche Akteure.
Die hessische jugend tituliert im Mai 1981 „Null Bock auf die Zukunft?“ (hjr-Archiv)
Shell-Jugendstudie von 1981
Die Shell-Jugendstudie von 1981 konstatiert angesichts von Umweltzerstörung, sozialer Ungerechtigkeit, Hungersnöten und Kriegen ein pessimistisches Zukunftsbild der jungen Generation.
Jugendverbände vor Herausforderungen
Die zwei zentralen Herausforderungen der Jugendverbände in den 80er Jahren sind die schwindende Zielgruppe (6-18-Jährige in BRD: 1974: 11,8 Mio., 1990: 7,6 Mio.) und die Kommerzialisierung der Freizeitbeschäftigungen.
1980 | AG „Friedensarbeit“
1980: Gründung der AG „Friedensarbeit“ der Jugendbildungsreferent_innen der Verbände im Hessischen Jugendring.
1981 | Appell „Werdet aktiv für den Frieden“
1981: Der Hessische Jugendring publiziert den Appell „Werdet aktiv für den Frieden“ zusammen mit den LJR Bremen, Niedersachen und Saar.
Plakat zum Appell „Werdet aktiv für den Frieden“ aus dem Jahr 1981 (hjr-Archiv)
1981 | Bildungsurlaub zum Flughafenausbau
1981 ist der Ausbau des Frankfurter Flughafens auch Thema eines Bildungsurlaubsseminars des HJR.
1981 | Großdemo gegen Startbahn West
Am 14. November 1981 demonstrierten in Wiesbaden mehr als 120.000 Menschen gegen den Ausbau der Startbahn West des Frankfurter Flughafens. Die regional betroffenen Jugendverbände sind stark vertreten.
Pressemitteilung des Hessischen Jugendrings vom 3. Februar 1982 anlässlich des gescheiterten Bürgerbegehrens gegen die Startbahn West (Quelle: HHStAW, Abt. 508, Nr. 5754)
Themen des HJR
Im Hessischen Jugendring werden verschiedene Themenbereiche stärker miteinander verknüpft: Aufarbeitung der NS-Diktatur, Internationale Jugendarbeit und Friedenspädagogik werden zu einem Praxisfeld gebündelt. Besondere Bedeutung haben die Austausche mit Israel und die Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Auschwitz.
Plakat zur Jugendammelwoche 1981 (hjr-Archiv)
referentinnen in den Verbänden
Die Zahl der weiblichen Jugendbildungsreferent_innen steigt weiter: 1981 sind es zehn Referentinnen und 31 Referenten.
1981 | Gründung einer Referentinnen-AG
Im Jahr 1981 gründen die 10 Frauen eine eigene „Referentinnen-AG des Hessischen Jugendrings“ und brechen damit aus der „Referenten AG“ aus.
Konzept für Jugendbegegnungsstätte Auschwitz
Der HJR ist von Anfang an aktiv an der Erarbeitung eines Konzeptes für die internationale Jugendbegegnungsstätte Auschwitz beteiligt, Finanziert wurde dies u.a. durch Einnahmen der Jugendsammelwoche und Spenden seitens der Jugendverbände. Die Landesregierung steuerte auf Drängen des Hessischen Jugendrings einen beachtlichen Anteil bei.
1981 | Grundsteinlegung der JUgendbegnungsstätte Auschwitz
1981 erfolgt die Grundsteinlegung der internationalen Jugendbegegnungsstätte Auschwitz, an deren Konzept der HJR intensiv mitgearbeitet hatte
Bild: hjr-Archiv
1983 | Hessische Jugend zu Feminismus
1983 gestaltet die Referentinnen-AG des HJR als Autorinnen-Kollektiv ein Doppelheft der hessischen jugend. Es geht um Kinder & Karriere, Frauenbilder, Frauen in der Jugendverbandsarbeit und darum, wie tradierte Strukturen verändert werden können anstatt nur formal eine paritätische Besetzung von Ämtern zu erlangen.
1982 | Kampagne für Bildungsurlaub
1982 Aufkleber-Kampagne „Bildungsurlaub für alle“
Internationale Jugendarbeit
Auch in den 80er Jahren pflegt der hjr intensive Kontakte zu Jugendorganisationen in anderen Ländern. Besondere Bedeutung haben die Austausche mit Israel und die Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Auschwitz.
1983 | Delegationsreise nach Nicaragua
Im Januar 1983 besucht eine Delegation des HJR und des Service Civil International gemeinsam die Sandinistische Jugend in Nicaragua, um sich vor Ort über die Probleme des Landes zu informieren und auszutauschen.
1983 | Neues Sonderurlaubsgesetz
2. August 1983: mit der Neufassung des Sonderurlaubsgesetzes haben Ehrenamtliche in der Jugendarbeit Anspruch auf bezahlte Freistellung an zwölf Arbeitstagen pro Jahr. Sechs Großunternehmen aus Hessen klagen erfolglos gegen das Gesetz und dessen Finanzierung durch einen Solidarfonds.
Debatte zur Professionalisierung der Jugendarbeit
Intern führt der HJR eine kontroverse Debatte über die anhaltende Professionalisierung der Jugendbildung.
Diskurs um Ehrenamt im wandel
Neue Methoden der Jugendverbandsarbeit wie Projekt- und Zielgruppenarbeit führen zu neuen Formen des Ehrenamtes. Auch um die Rahmenbedingungen und die Anerkennung ehrenamtlicher Jugendarbeit wird daher gerungen.
Aufkleber zur Jugendammelwoche 1985 anlässlich des Internationalen Jahres der Jugend, Quelle: hjr-Archiv
1983 | Neues Programm des HJR
Im erweiterten jugend- und gesellschaftsspolitischen Programm von 1983 grenzt sich der HJR klar von konservativen Akteuren ab.
1987 | neue Vorzeichen für Jugendpolitik des HJR
1987 markiert eine politische Wende in Hessen, die CDU gewinnt die Landtagswahlen am 5. April 1987. Nach Jahrzehnten sozialdemokratischer Prägung kommt die erste schwarz-gelbe Regierung an die Macht. Sozialministerium erstmals nicht SPD-geführt, sondern CDU. Damit ändern sich auch für den hjr die Vorzeichen der Jugendpolitik. Plötzlich erschweren sich politische Vorhaben.
Solidarität mit Jugendhof Dörnberg
Besondern unter Druck gerät der Jugendhof Dörnberg mit seinen „experimentellen“ pädagogischen Ansätzen und vermeintlichen Skandalen. Der hjr zeigt sich solidarisch, als die Regierung z.B. 1988 kurzfristig sowjetische Geflüchtete im Jugendhof unterbringt und damit die Jugendeinrichtung als solche kurzweg umfunktioniert. Ein großer Aufschrei aber bleibt aus.
Problematische Finanzsituation
Die jahrelange Stagnation der Fördermittel im Landeshaushalt bedeutet de facto eine Kürzung der Mittel für die außerschulische Jugendbildung. Auch in den Folgejahren bleiben Mittelerhöhungen im JBFG aus. Dafür wachsen die Aufgaben, die daraus finanziert werden sollen.
Titelseiten der hessischen jugend aus der zweiten Hälfte der 1980er Jahre(hjr-Archiv)
Bildungsurlaube der Jugendverbände
1985: 55 Prozent aller Bildungsurlaube werden von Jugendverbänden im HJR durchgeführt.
Ambivalenz der Bildungsurlaube
Das Bildungsurlaubsgesetz, einst große Errungenschaft des hjr, verliert an Bedeutung. Die Regierung setzt den Fokus auf berufliche Weiterbildung, viele Verbände resignieren.
1986 | Frauenpolitische Agenda des HJR
1986 verabschiedet die HJR-Vollversammlung eine frauenpolitische „Ergänzung zum jugend- und gesellschaftspolitischen Programm“, erarbeitet von der Referentinnen-AG. Die daraufhin gegründete „AG Frauen in den Verbänden“ organisiert Fortbildungen für Funktionärinnen.
Titelseiten der hessischen jugend aus der zweiten Hälfte der 1980er Jahre(hjr-Archiv)
1988 | erste HJR-Referentin
1988 stellt der Hessische Jugendring die erste weiblich Bildungsreferentin ein: Jutta Göbel-Schmitt
1988 | Mädchen im Fokus
1988 erscheint der erste Band der Reihe materialien aus dem hessischen jugendring: „mädchen – macht – bildung“. Der Band wird im Laufe der Jahre dreimal aufgelegt
Bilanz der Referentinnen-AG
1989 zog die „Referentinnen AG“ in der hessischen jugend eine Bilanz ihrer bisherigen Arbeit
Titelseiten der hessischen jugend aus der zweiten Hälfte der 1980er Jahre(hjr-Archiv)
Internationale Jugendarbeit und Glasnost
Internationale Jugendarbeit mit Osteuropa:
Durch Glasnost und Perestroika ändern sich ab Mitte der 80er Jahre langsam die Vorzeichen für internationale Beziehungen in den Ostblock. Die Wende und der Mauerfall eröffnen im Bereich der Internationalen Jugendarbeit endgültig neue Türen.
Bildungsurlaub in der DDR
Seit 1985 führten hessische Jugendverbände in den südlichen DDR-Bezirken Bildungsurlaube durch. Grundlage war eine Vereinbarung zwischen FDJ und DBJR. Eine Regionalisierung der organisatorischen Zusammenarbeit wurde seitens FDJ jedoch weiterhin unterbunden.
1989 | Mauerfall
Die Wende und der Mauerfall eröffnen im Bereich der Internationalen Jugendarbeit, aber auch in der Zusammenarbeit mit Thüringen neue Türen.
1989 | erklärtes Ziel: Zusammenarbeit
Schon auf der Vollversammlung am 29. November 1989 erklärt der HJR, die Zusammenarbeit mit der Jugend in der DDR ausbauen zu wollen.
1990er Jahre
Nach der Währungsunion am 1. Juli 1990 folgt am 3. Oktober 1990 die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten. Die Landtagswahlen 1991 gewinnt nach fünf Jahren schwarz-gelber Regierung wieder die SPD. Die aufsehenerregendste Jugendkultur der 1990er Jahre sind die Raver.
Auch Hip-Hop ist äußerst populär unter Jugendlichen. Die Jugend der 90er Jahre wird zur Generation X bzw. zur Generation Golf deklariert, die Wert auf materielle Sicherheit legt, aber auch nach Individualismus strebt.
LJR Thüringen
Nach der Wiedervereinigung wird der HJR zum wichtigsten Partner des neu gegründeten Landesjugendrings Thüringen in dessen Aufbauphase.
1990 | Aufbauhilfe Thüringen
Schon vor dem Sommer 1990 organisiert der HJR auf dem Jugendhof Dörnberg ein Jugendforum und fordert in der „Dörnberg-Erklärung“ von der Landesregierung Hessen, eine „Aufbauhilfe Thüringen“ zu initiieren.
ABM-Stellen zur Unterstützung
Zur Unterstützung des Aufbaus des LJR Thüringen richten der HJR und die Sportjugend jeweils eine ABM-Stelle ein. Der LJR Thüringen war durch diese Unterstützung der erste neu gegründete LJR in den neuen Bundesländern (am 15. September 1990).
Gemeinsame Erklärung von Vertreter_innen hessischer Jugendverbände und von DDR-Jugendorganisationen vom 31. März 1990
gesellschaftliche Herausforderungen
Viele gesellschaftliche Probleme stellen die Jugendverbände vor große Herausforderungen: wachsende Ausländerfeindlichkeit, Jugendarbeitslosigkeit, soziale Spaltung, Perspektivlosigkeit großer Teile der Jugend und fehlende Mittel für politische Bildung. Als problematisch betrachten die Jugendverbände auch die fortschreitende Kommerzialisierung der Freizeit durch Musikfernsehen, Computerspiele und Diskokultur. Hinzu kommt der deutlich spürbare demografische Wandel. Die potenzielle Zielgruppe schrumpft immer weiter.
Jugendverbände auf Sinnsuche
Den HJR treibt die Frage um, wie unter solchen Vorzeichen eine emanzipatorische Jugendarbeit und Jugendbildung stattfinden kann. Der HJR beschäftigt sich intensive mit der Suche nach neuen Formen, Methoden und Zielgruppen.
Wofür Jugendarbeit?
In den Verbänden und im hjr herrscht eine gewisse Ratlosigkeit und Sinnsuche: Sichtbar wird dies in einer immens hohen Fluktuation der Jugendbildungsreferent_innen in den Verbänden, die ständig kommen und gehen. Allein 1991 gab 21 Neubesetzungen bei insgesamt 62 Stellen.
Die (verbandliche) Jugendarbeit sieht sich mit wachsenden gesamtgesellschaftlichen Problemen konfrontiert und sucht nach neuen Ansätzen und Methoden. Titelseiten der hessischen jugend aus den frühen 1990er Jahren (hjr-Archiv)
1992 | Neue Finanzierung der Jugendarbeit
1992 erfolgt die lang erkämpfte Umstellung der finanziellen Förderung der Jugendarbeit der Jugendverbände und des HJR: Die Gelder stammen fortan nicht mehr aus dem Landeshaushalt, sondern aus den Einnahmen der staatlichen Lotterien – ein innovativer Schritt, der den Jugendverbänden mehr Planungssicherheit bietet.
Internationale Jugendarbeit mit Emilia-Romagna (Italien)
Seit Juli 1992 ist die italienische Emilia-Romagna Partnerregion von Hessen, und schon im September organisiert der HJR ein Seminar für Fachkräfte unter dem Titel „Emilia-Romagna, ein neuer Partner in der internationalen Jugendarbeit“
1992 | Besuch in der Emilia-Romagna
Im Herbst 1992 besucht eine Delegation hessischer Jugendverbände die neue hessische Partnerregion Emilia-Romagna in Italien – ein Jahr später erfolgt der Gegenbesuch.
1994 | Neufassung des Sonderurlaubsgesetzes
Die Novellierung erlaubt die Halbierung der Tage (bis zu 24 halbe Tage, für die Jugendverbände eine deutliche Verbesserung)
Immer mehr Menschen in Hessen nehmen den Sonderurlaub für Ehrenamt in der Jugendarbeit in Anspruch.
Kommerzialisierung der Jugendarbeit
Mitte der 90er: Debatte um Kommerzialisierung der Jugendarbeit: Die Jugendverbände und der HJR nehmen immer deutlicher wahr, dass sich die Bedürfnisse der Jugendlichen erneut verschoben haben und darauf reagiert werden muss
Suche nach neuen Zielgruppen
1994 steht die Jahrestagung der politischen Bildung unter dem Titel „Runter vom Gleis! Politische Bildung auf dem Weg zu neuen Zielgruppen“ 1996 lautet das Motto der Jahrestagung „Politische Bildung in den Jugendverbänden – Wohin – für wen und was?“ – es handelte sich um eine Zukunftswerkstatt
Titelseiten der hessischen jugend aus den Jahren 1993 und 1994 (hjr-Archiv)
Ehrenamtsförderung
Intern diskutieren der HJR und die Jugendverbände über die Anerkennung und Förderung des Ehrenamtes und problematisieren dabei gestiegene Anforderungen und das Verhältnis zw. Hauptamt und Ehrenamt.
Umfrage unter Ehrenamtlichen
1996 zeigt eine HJR-Umfrage unter Ehrenamtlichen, dass nur 20 Prozent einen Jugendleiterausweis haben, nur 40 Prozent qualifiziert sind und vor allem in Verbandsgremien Männer noch immer stark dominieren (trotz allgemein gestiegenem Frauenanteil). Im Vergleich zu Untersuchungen Anfang der 1980er Jahre sind die Ehrenamtlichen älter geworden.
Herausforderungen für Ehrenamt
Im Hessischen Jugendring läuft ein Diskurs um die Anerkennung ehrenamtlicher Tätigkeiten und die Förderung des Ehrenamtes. In der „hessische jugend“ 4/1996 diagnostiziert der Autor M. Galuske drei Probleme des Ehrenamtes: fehlender Anerkennung/Wertschätzung, notwendige Qualifikation angesichts gestiegener Anforderungen, problematisches Verhältnis zw. Hauptamt und Ehrenamt.
Schwierige Finanzlage
Gleichzeitig spitzt sich finanzielle Situation der Landesverbände weiter zu: 1995 kam es erstmals zu einer Kürzung der JBFG-Förderung der Verbände. 1996 gibt es sogar eine Wiederbesetzungssperre für freigewordene Jubiref-Stellen. Die Freistellung für Bildungsurlaub und Ehrenamt in der Jugendarbeit wird massiv behindert.
Internationale Jugendarbeit mit Aquitaine
Hessen ist seit 1995 mit der Region Aquitaine im Südosten Frankreichs verschwistert. 2016 wurde die Partnerschaft auf die neue, größere Region Nouvelle-Aquitaine ausgedehnt.
1998 feiert der Hessische Jugendring sein 50-jähriges Bestehen.
1998 | neue Finanzierung der Jugendbildung
Seit Januar 1998 erfolgt auch die Förderung der Träger der Außerschulischen Jugendbildung aus den Einnahmen aus Sportwetten und Lotterie in Hessen (Hessisches Glücksspielgesetz). Ein weiterer wichtiger Erfolg hinsichtlich der Sicherung der Rahmenbedingungen der außerschulischen Jugendbildung.
Feministischer Diskurs
Mädchen- und Frauenförderung ist anerkannt, teilweise sogar „en vogue“, aber in der Verbandsrealität herrschen noch immer patriarchale Strukturen, teils werden spezifische Bildungsangebote für Mädchen infrage gestellt.
1998 | Fach-Nacht der Geschlechter
Auf der HJR-Fach-Nacht der Geschlechter „Von der Zumutung, lebenslang eine Frau oder ein Mann zu sein“ am 24. April 1998 werden die binäre Geschlechterordnung und Geschlechterrollen intensiv hinterfragt.
1999 | Politischer Wechsel in Hessen
Seit den Landtagswahlen 1999 ist die CDU wieder stärkste politische Kraft in Hessen. Die rot-grüne Regierung unter Hans Eichel (1991 bis 1999) wird von einer schwarz-gelben Regierung unter Roland Koch abgelöst.
1999 | Juleica
Am 1. September 1999 löst die Jugendleiter/innen-Card (kurz Juleica) den Jugendleiter/innenausweis ab.
1999 – 2001 | Projekt zur Frauenförderung
Von 1999 bis 2001 realisiert der HJR das zweijährige Projekt „Mädchen und Frauen gestalten die Zukunft – Projekt zur politischen Partizipation von Mädchen und jungen Frauen in Jugendverbänden“. Im Zentrum steht die Frage, wie und unter welchen Rahmenbedingungen junge Frauen sich einbringen wollen.
Die Ergebnisse des Projektes „Mädchen und Frauen gestalten die Zukunft“ wurden im Band 12 der Materialienreihe des hjr veröffentlicht.
2000er Jahre
Der Terroranschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 verunsichert die westliche Welt nachhaltig. Die Globalisierung schreitet rasant voran, das Internet setzt sich flächendeckend durch. Soziale Netzwerke wie Facebook, Myspace oder Twitter erlangen große Popularität, insbesondere bei jungen Leuten.
Die Hessische Politik wird in den 2000er Jahren von einer CDU/FDP-Koalition unter Roland Koch geprägt.
2001 | PISA-Schock
Der „PISA-Schock“ von 2001 konstatiert Deutschland die gravierendste Bildungsungerechtigkeit im OECD-Vergleich und ist Auslöser für die Entwicklung hin zu mehr Ganztagsbildung. Der hjr bringt sich intensiv in die Diskussion um die Ganztagsschulentwicklung und die Konsequenzen für die Jugendverbände ein.
2002 | Start von summertrain
Seit 2002 veranstaltet der hjr regelmäßig die Aktion „Summertrain“, bei der Landtagsabgeordnete die Zeltlager und Ferienfreizeiten der Jugendverbände besuchen. Die Aktion läuft bis Mitte der 2010er Jahre.
Internationale Jugendarbeit
Seit 2000 pflegt das Land Hessen eine weitere Regionalpartnerschaft mit der polnischen Woiwodschaft Wielkopolska – damit tritt auch ein neuer Partner für die internationale Jugendarbeit des HJR auf den Plan.
Die hessische jugend konzentriert sich zu Beginn der 2000er Jahre in ihren fachlichen Diskursen auf den Kern jugendverbandlicher Arbeit und aktuelle Herausforderungen der Jugendverbandsarbeit. (hjr-Archiv)
Kernthemen des HJR
Auch in den 2000er Jahren bleibt der HJR seinen tradierten Themenfeldern Gedenkstättenarbeit und Aufarbeitung der NS-Verbrechen und der Internationalen Jugendarbeit treu, beide Themenfelder werden in Maßnahmen und Veranstaltungen häufig miteinander verwoben.
Neue Themen im HJR
Weitere wichtige Themen im HJR sind Gender Mainstreaming sowie die Lebenswelt queerer Jugendlicher. Daneben greift vor allem das Thema Integration mehr und mehr Raum im Diskurs der Jugend(verbands)arbeit.
Plakat des hjr aus dem Jahr 2001 (hjr-Archiv)
Zwischen 2002 und 2005 publiziert der Hessische Jugendring unter dem Motto „JUgendverbände machen aktiv“ Positionspapiere zu verschiedenen Themen wie Bildungspolitik, Ganztagsbildung, Ausstattung von Stadt- und Kreisjugendringen und Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen. (hjr-Archiv)
Gender Mainstreaming
Am 25. September 2003 veranstaltet der HJR eine große Fachtagung „Gender Mainstreaming – Herausforderung und Chance für die Jugendhilfe“ mit ca. 130 Teilnehmenden.
LGBT-Fachtagung
Am 6. Oktober 2005 veranstaltet der HJR die Fachtagung „Allein unter Heteros – lesbische und schwule Jugendliche im ländlichen Raum“.
Demo der Gewerkschaftsjugend 2004, Bildquelle: Frank Herrmann, hessische jugend 2/2004
2003 | Publikation „Jugend und Schule“
2003 – also in den Anfangsjahren der Diskussion um die Ganztagsschulentwicklung publiziert der HJR den 16. Band seiner Materialienreihe zum Thema „Jugend und Schule – Zur Geschichte eines wechselhaften Verhältnisses“
Ganztagsschul-Entwicklung
Schon seit Beginn des Ausbaus der Ganztagsbildung hat sich der HJR intensiv in die Diskussion um die Ganztagsschulentwicklung, die Konsequenzen für die Jugendverbände und die Nachmittagsbetreuung eingebracht
2005 | Rahmenvereinbarung
2005 einigen sich Sozialministerium, Kultusministerium und Hessischer Jugendring auf eine Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit von Schulen und Jugendverbänden im Rahmen ganztägig arbeitender Schulen – eine politische Willensbekundung, die leider nur wenige praktische Konsequenzen folgen ließ
2007 – 2009 | Projekt „Kooperation konkret“
Von 2007 bis 2009 realisiert der HJR das Projekt „Kooperation konkret“, mit dem Ziel der modellhaften Vernetzung schulischer und außerschulischer Partner in Ganztagsschulen.
Diese Ausgaben der hessischen jugend aus den Jahren 2006 und 2007 geben Zeugnis davon, dass der Hessische Jugendring weiterhin den Anspruch hatte, gesellschaftliche Diskurse mitzugestalten und seinen Verbänden enstprechende fachliche Impulse zu geben. (hjr-Archiv)
2005 | Debatte um Schutz des Kindeswohls
Mehrere Todesfälle von Kindern lösen ab 2005 eine deutschlandweite Debatte über Kinderschutz aus. In der Folge wird auch der Schutz des Kindeswohls in der Jugendarbeit intensiv diskutiert und weiterentwickelt. Neben Misshandlung und Vernachlässigung rückt das Thema der sexualisierten Gewalt ins Zentrum. 2012 tritt das Bundeskinderschutzgesetz in Kraft, das ein Paket aus präventiven und aktiven Kinderschutz festlegt.
Prävention und Intervention in Jugendverbänden
Ab Ende der 2000er Jahre fördert der hjr die Entwicklung von Prävention und Intervention bei sexualisierter Gewalt und den Schutz des Kindeswohls in den Jugendverbänden durch Qualifikationen, Aufklärung und Beratung zu verbandlichen Schutzkonzepten.
2008 veröffentlicht der hjr sein Positionspapier „Mehr Raum für Bildung“, in dem alle Bildungsbereiche von Kindergarten bis Studium, außerschulischer Bildung bis Ganztagsschule beleuchtet werden.
Ende der 2000er Jahre widmet die hessische jugend mehrere Hefte im Schwerpunkt der individuellen Ausprägung der Jugend- und Bildungsarbeit in den verschiedenen Verbänden. (hjr-Archiv)
2007 | Integrationslotsen
Im Jahr 2007 startet der HJR erstmals die Fortbildungsreihe „Integrationslotsen für die Jugendverbandsarbeit“, ein Konzept zur verbandsinternen Reflexion und interkulturelle Öffnung, das später in anderen Projektzusammenhängen wieder aufgegriffen wird.
Ehrenamtsförderung
Das Thema Ehrenamt bleibt ein Dauerbrenner im HJR und seinen Verbänden
2008 | Expert_innen-Hearing zu jugendlichem Ehrenamt
Ein Expert_innenhearing des HJR am 26. Mai 2008 unterstreicht die Bedeutung und die aktuellen Herausforderungen jugendlichen Ehrenamts.
2010er Jahre
Politische Schlagworte des Jahrzehnts sind die Eurokrise, der Arabische Frühling sowie die „Flüchtlingskrise“ von 2015/16. In Europa und weltweit erstarken rechtspopulistische Parteien, Trump wird 2017 US-Präsident. Islamistische und rechtsextreme Terroranschläge erschüttern viele europäische Staaten. Smartphones und Social Media prägen den Alltag.
In Hessen regiert weiterhin die CDU mit der FDP, ab 2010 unter Volker Bouffier und ab 2013 in einer schwarz-grünen Koalition. 2018 zieht erstmals die AfD in den Hessischen Landtag ein. Im Rahmen einer Volksabstimmung 2018 werden die Kinderrechte in der Landesverfassung verankert.
Themen des HJR
Neben klassischen Themen wie Internationale Jugendarbeit, Förderung des Ehrenamts und politische Bildung sind vor allem Ganztagsbildung, Schutz des Kindeswohls, interkulturelle Öffnung, Jugendarbeit mit jungen Geflüchteten und queere Jugendarbeit wichtige Schwerpunkte in der Arbeit des Hessischen Jugendrings.
2010 | Internationales Kochbuch
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Ausgaben der hessischen jugend aus den frühen 2010er Jahren spiegeln gut die Schwerpunktthemen des Hessischen Jugendrings wider. (hjr-Archiv)
2011 | Broschüre zum Schutz des Kindeswohls
2011 erscheint die Broschüre „Irgendetwas stimmt da nicht … Der Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung in der Jugendarbeit“
Thema Ganztagsbildung
Ganztagsbildung wird erneut ein Schwerpunktthema des HJR. 2012 beschließt er ein Positionspapier zur Ganztagsschule, in dem wiederholt auf die Notwendigkeit einer Kooperation von Jugendverbänden und Schulen auf Augenhöhe aufmerksam gemacht wird.
Interkulturelle Öffnung
Die Thematik einer immer diverseren Gesellschaft mit vielen Menschen mit Migrationsgeschichte beschäftigt den hjr auch im Hinblick auf die eigenen Strukturen, in denen sich diese Diversität zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich abbildet. Es geht sowohl um die „interkulturelle Öffnung“ (so das damalige Wording) seiner Jugendverbände als auch um den Aufbau und die Förderung neuer Verbandsstrukturen
2012 – 2014 | Projekt „zusammen[ ]wachsen“
Von 2012 bis 2014 realisiert der hjr das Projekt „zusammen[ ]wachsen“ mit dem Ziel, die Selbstorganisation und Partizipation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu fördern. Das Projekt unterstützt Jugendverbände, die sich „interkulturell öffnen“ möchten ebenso wie Migrantenjugendselbstorganisationen (MJSO), die sich im Aufbau befinden.
2013 | Cross Cultural Camp
Unter anderen findet am 28. September 2013 in Frankfurt das Cross Cultural Camp statt, ein gut besuchter offener Fachtag für Jugendarbeit von und mit Jugendlichen mit Migrationsgeschichte, an dem auch mehrere MJSO teilnehmen.
hjr im neuen Look
2013 gibt sich der HJR ein neues Bild: Sein Logo und seine Corporate Identity erfahren ein Update. Alle Publikationen erscheinen fortan mit neuer Aufmachung, auch die „hessische jugend“ erhält ein neues, frisches Layout
2013 | Internationale Jugendarbeit mit Bursa (Türkei)
Seit 2010 sind Bursa und Hessen Partnerregionen – bis heute ist dies die einzige Partnerschaft zwischen einem deutschen Bundesland und einer türkischen Region. 2013 besucht eine hjr-Delegation die türkische Partnerregion Bursa. 2014 besuchen türkische Fachkräfte Hessen.
2014 | Fachkräfte-austausch Hessen & Bursa
Im Oktober 2014 veranstaltet der hjr in Kooperation mit der Partnerregion Bursa (Türkei) einen einwöchigen Fachkräfteaustausch mit 15 Gästen aus Bursa. Der Austausch steht unter dem Eindruck der gewaltsam beendeten Proteste in der Türkei im Jahr 2013 (Taksim).
Hessischer Aktionsplan für Akzeptanz und Vielfalt
Ab Dezember 2014 entwickelt die Landesregierung unter Federführung des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration den ersten Aktionsplan für Akzeptanz und Vielfalt, der als Rahmen für die Antidiskriminierungspolitik für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans dienen soll. Der Hessische Jugendring beteiligt sich aktiv an der Entwicklung des Aktionsplans, der im Juni 2017 von der Landesregierung beschlossen wird.
2016 | LSBTQ-Jugendstudie des hjr
2016: Der HJR initiiert die erste hessische LSBTQ-Jugend-Studie, die im Juli 2018 zur Gründung der Landesfachstelle Hessen „Queere Jugendarbeit“ führt. Die Studie „Wie leben lesbische, schwule, bisexuelle und trans* Jugendliche in Hessen“ soll einen Einblick in die Lebenswelt jungen LSBTQ gewähren und Möglichkeiten der Unterstützung und Teilhabe von LSBTQ-Jugendlichen in Hessen ergründen.
2017 | Publikation der Studienergebnisse
Die zentralen Ergebnisse der LSBTQ-Jugend-Studie werden auf einem hjr-Fachtag am 9. Dezember 2016 vorgestellt. Im Dezember 2017 erscheinen die Ergebnisse der Studie in einer Publikation unter dem Titel „Dass sich etwas ändert und sich was ändern kann“. In dieser Publikation zeiht der hjr Konsequenzen und leitet jugendpol. Forderungen zur stärkeren Unterstützung junger LSBT*Q in Hessen ab.
2016 | Trägerschaft des Netzwerks für Demokratie und Courage
Seit 2016 ist der hjr der Träger des „Netzwerks für Demokratie und Courage“ (NDC) in Hessen, das Projekttage gegen Rassismus und Diskriminierung an Schulen koordiniert.
Das NDC Hessen bietet sechs verschiedene Projekttage an. Informationen unter www.netzwerk-courage.de
Jugendarbeit mit jungen Geflüchteten
Infolge der sogenannten Flüchtlingskrise 2015/2016 beschäftigt sich der hjr intensive mit der Frage, wie jungen Geflüchteten in Hessen Angebote der Jugendarbeit zugänglich gemacht werden können. Darüber hinaus setzt sich der hjr mit politischen Forderungspapieren für eine Wahrung der Kinderrechte und mehre Rechte junger Geflüchteter in Hessen ein.
2016 – 2019 | Projekt „Werkstätten für Demokratie“
Im Projekt entwickeln Jugendverbände Angebote für unbegleitete minderjährige Geflüchtete. (gefördert durch das Landesprogramm „Hessen – aktiv für Demokratie und gegen Extremismus“ das Projekt „Werkstätten für Demokratie“) Die Basis des Projektes ist die Zusammenarbeit von Einrichtungen, in denen unbegleitete Minderjährige untergebracht sind, und Jugendverbänden, um spezielle Angebotsformen für unbegleitete Minderjährige zu realisieren. Das Projekt läuft – mehrfach wiederaufgelegt – bis Ende 2019.
Die Fotobroschüre „Mittendrin“ fasst das Projekt „Werkstätten für Demokratie“ (2016 bis 2019) des hjr zusammen.
2018 | Landesfachstelle „Queere Jugendarbeit“
Die LSBTQ-Jugendstudie des hjr führt letztlich zur Gründung der Landesfachstelle Hessen „Queere Jugendarbeit“, die im im Juli 2018 ihre Arbeit aufnimmt. Die Landesfachstelle (LFS) hat den Auftrag, die Jugendarbeit in Hessen für das Themenfeld sexuelle und geschlechtliche Vielfalt zu sensibilisieren, zu qualifizieren und bei der Entwicklung von Angeboten für queere Jugendliche zu unterstützen. Finanziert aus dem Hessischen Aktionsplan für Akzeptanz und Vielfalt (APAV) durch das Hessische Sozialministerium, ist die LFS seitdem zu einer zentralen Fach- und Vernetzungsstelle im Themenfeld Queer & Jugend(arbeit) geworden.
2018 | Fridays for Future
Seit Herbst 2018 gehen weltweit tausende junge Menschen auf die Straßen und demonstrieren für eine engagiertere Klimapolitik der Staaten und der Weltgemeinschaft. „Fridays for Future“ schafft es, die größte Jugendbewegung seit Jahrzehnten zu werden und Klimapolitik endlich zu einem wichtigen Thema in der Politik zu machen.
Der hjr und die Klimabewegung
Der hjr beobachtet die Bewegung mit Interesse und inhaltlich zustimmend, von einzelnen Umweltjugendverbänden abgesehen, tritt er als jugendpolitischer Akteur in diesem Kontext jedoch zu diesem Zeitpunkt sehr zurückhaltend aus.
Kooperationen mit Fridays for Future
Einzelne Jugendverbände kooperieren mit Fridays for Future und organisieren gemeinsame Bildungsveranstaltungen (allerdings erst ab ca. 2019/2020).
2018 | Landesfachstelle „Integration in der Jugendarbeit“
Im Oktober 2018 eröffnet der HJR die Landesfachstelle „Integration in der Jugendarbeit“, die gezielt diversitätssensible Öffnungsprozesse in Jugendverbänden fördert und Migrant_innenjugendselbstorganisationen unterstützt (vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration gefördert).
2019 | Integrationsvertrag zwischen hjr und Landesregierung
Am 9. Mai 2018 schließt der Hessische Jugendring mit der Hessischen Landesregierung einen Integrationsvertrag zur Förderung der politischen Teilhabe junger Menschen mit Migrationshintergrund mit dem Titel „Identität und Zugehörigkeit in der zweiten und dritten Generation Zugewanderter“.
Ausgaben der hessischen jugend aus der zweiten Hälfte der 2010er Jahren. (hjr-Archiv)
2019 | HOP! JUGENDKONGRESS MIT_WIRKUNG
Im September 2019 veranstaltet der hjr den „HOP! JUGENDKONGRESS MIT_WIRKUNG“ in Frankfurt, wo 100 junge Teilnehmende über Jugendbeteiligung in Hessen diskutieren.
Schwerpunkt Jugendbeteiligung
Ausgehend von den Ergebnissen des HOP! JUGENDKONGRESSES beschäftigt sich der hjr intensiv mit Jugendbeteiligung im Hessen, aktiviert Netzwerke und entwickelt politische Handlungsempfehlungen.
Eindrücke vom HOP! JUGENDKONGRESS MIT_WIRKUNG im September 2019 (Fotos: Nele Prinz, hjr-Archiv)
2020er Jahre
Das Jahrzehnt startet mit der COVID19-Pandemie. Im Februar 2022 beginnt Russland einen Krieg gegen die Ukraine. Es kommt zu enormen Preissteigerungen, die Wirtschaft stagniert. Überall in Europa und auch in Deutschland verzeichnen populistische, rechtsextreme Parteien einen Aufschwung.
Die Klimakrise spitzt sich zu. Die Politik verweigert ein angemessenes Handeln. Im sozialen Sektor droht ein eklatanter Fachkräftemangel. Das Schlagwort der „multiplen Krise“ etabliert sich.
2020 | Corona-Pandemie
Um die Corona-Pandemie einzudämmen, werden Lockdowns verhängt, Schulen und Kitas werden geschlossen, ebenso wie Jugendeinrichtungen und sogar Spielplätze. Verbote und Einschränkungen treffen insbesondere Kinder und Jugendliche, ohne diese angemessen zu beteiligen. Die JuCo-Studien (2020 bis 2022) machen sichtbar, welche verheerenden Auswirkungen die Pandemie für junge Menschen haben.
Jugendverbände im „Lockdown“
Die Corona-Pandemie legt auch die Aktivitäten der verbandlichen Jugendarbeit und Jugendbildung weitgehend lahm – noch lange wird der Corona-Gap in der Ehrenamtsstruktur der Verbände spürbar sein.
2020 | Corona-Infoportal des hjr
Während der Corona-Pandemie trägt der hjr entscheidend dazu bei, dass Jugendarbeit weiterhin möglich bleibt. Durch sein Corona-Infoportal und Beratung unterstützt er viele Trägern der Jugendarbeit. Der hjr setzt sich zudem als jugendpol. Akteur stark dafür ein, die Rechte und Kindern und Jugendlichen zu schützen und Jugendarbeit weiter zu ermöglichen.
Digitalisierung auf dem Vormarsch
Die digitale Jugendarbeit macht während der COVID19-Pandemie einen erzwungenen Riesenschritt nach vorn: Notgedrungen werden Veranstaltung in den digitalen Raum verlegt, Videokonferenzen ersetzen Sitzungen, viele Fachveranstaltungen, aber auch Verbandsgremien werden teilweise nachhaltig digitalisiert. Hybride Veranstaltungen werden zur Normalität.
Schwerpunktthemen des hjr
Diversitätssensible Jugendarbeit und die Teilhabe junger Geflüchteter sind weiterhin Schwerpunkte der Arbeit des hjr, ebenso wie die queere Jugendarbeit, politische Bildung, Jugendbeteiligung und die Ganztagsbildung. Das Thema Inklusion spielt zudem eine wachsende Rolle in der verbandlichen Jugendarbeit.
2020 | Antisemitismus – WTF?
2020 startet das NDC das Online-Projekt „Antisemitismus – WTF?“, um eine jugendliche Zielgruppe über Verschwörungserzählungen aufzuklären.
2020 | Diversity Check
Im November 2020 erscheint im Rahmen des Projektes die Arbeitshilfe „Diversity-Check“, ein Trainer_innen-Handbuch für diversitätssensibles Arbeiten in Jugendorganisationen
Diversitätssensible Jugendarbeit
Von 2020 bis 2023 konnte die Arbeit der Landesfachstelle „Integration in die Jugendarbeit“ durch das Projekt „zusammen[ ]wachsen: Vielfaltssensible Jugendarbeit stärken“, gefördert von der Aktion-Mensch, weiter ausgebaut werden.
Publikationen der Landesfachstelle Queere Jugendarbeit um 2020: Plakate, Arbeitshilöfen und Leitfäden rund um geschlechtliche Vielfalt und die Arbeit mit queeren Jugendlichen
2021 | Konzeptpapier „Jugendbeteiligung auf Landesebene“
Im Februar 2021 veröffentlicht der hjr das Konzeptpapier „Jugendbeteiligung auf Landesebene“, das seit Juli 2020 in Zusammenarbeit mit Jugendorganisationen (u.a. LSV) und zahlreichen Akteuren aus dem Bereich der Jugendbeteiligung erarbeitet wurde und sich als Handlungsempfehlung für die politische Weiterentwicklung der Jugendbeteiligung in Hessen versteht.
2021 | Meine Freizeit ist Ehrensache
Im Sommer 2021 realisieren viele Verbände im Rahmen der hjr-Aktion „Meine Freizeit ist Ehrensache“ Veranstaltungen und Aktionen, bei denen Jugendliche aus Verbänden in ihrem verbandlichen Alltag mit Landespolitiker_innen in Austausch kommen. Ziel ist es, Landtagsabgeordnete auf die Bedeutung und den Wert ehrenamtlicher Jugendarbeit aufmerksam zu machen.
2021 | Kinder- und Jugendstärkungsgesetz
Auf Bundesebene tritt im Juni 2021 das Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG), das u.a. die Inklusion in der Jugendarbeit stärker rechtlich verankert. Damit gehen auch für die freien und öffentlichen Träger der Jugendhilfe neue Anforderungen zur Inklusion einher
Inklusion als Schwerpunkt
Auf der Vollversammlung 2021 wird das Thema Inklusion im Leitantrag verankert. Im Juni 2023 richtet der hjr eine halbe Projektstelle für Inklusion ein (vom HMSI gefördert) widmet sich der Entwicklung eines Modellprojekts zur „Inklusion in der Jugend(verbands)arbeit“, das ab 2024 für drei Jahre umgesetzt werden soll.
Projektarbeit für und mit jungen Geflüchteten
Der Hessische Jugendring realisiert in den Jahren 2020 bis 2024 das Projekt „Vielfalt erleben – Werkstätten für Demokratie“, das die Teilhabe junger Geflüchteter und junger Menschen mit Fluchterfahrung fördert. Dazu unterstützt der hjr seine Mitgliedsverbände in der Umsetzung regionaler und lokaler Projekte.
Netzwerk Vielfalt
Daneben realisiert der HJR das Projekt „Netzwerk Vielfalt – Empowerment und Selbstorganisation junger Geflüchteter in Hessen“, das die politische und gesellschaftliche Teilhabe junger Geflüchteter fördert. (gefördert durch Aktion Mensch)
2022 | HOP! Landesjugendkongress
Von 12. bis 14. Dezember 2022 findet erstmals der HOP! Landesjugendkongress im Hessischen Landtag statt: Mehr als 100 junge Menschen diskutieren drei Tage ihre politischen Themen und richten ihre Forderungen an Landtagsabgeordnete.
Eindrücke vom HOP! Landesjugendkongress im Hessischen Landtag. Fotos: Nele Prinz (hjr-Archiv)
2023 | NDC-Projekt Adlerwerke
2023 beginnt das NDC in Trägerschaft des hjr mit der Entwicklung des Projekttages Geschichtsort Adlerwerke
2023 | Landesforum Jugendarbeit Hessen
Am 27. und 28. September 2023 findet in Frankfurt das erste Landesforum Jugendarbeit Hessen als zweitägige Fachveranstaltung statt, ein Projekt des hjr in Kooperation mit der Stadt Frankfurt und der University of Applied Sciences in Frankfurt, gefördert durch das HMSI.